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Die Therapeutinnen und Therapeuten

Nicht nur im Bereich der Medizin und der Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte, sondern auch in der Institution Krankenhaus selbst ist eine zunehmende Spezialisierung festzustellen: d.h. es gibt im Krankenhaus immer mehr Berufsgruppen – von der Sozialarbeiterin / dem Sozialarbeiter bis zur Physiotherapeutin / dem Physiotherapeuten -, die direkt oder indirekt mit den Patientinnen und Patienten zu tun haben. Dabei geht ihre häufig mangelhafte Koordination zu Lasten der Kranken und erschwert die Beziehungen unter den einzelnen Berufsgruppen.

Natürlich herrscht auch im "therapeutischen Apparat" eine streng hierarchische Struktur, weil z.B. gegen Anordnungen der Chefärztin/des Chefarztes kaum Widerspruch möglich ist. Zusätzlich besteht Konkurrenz untereinander, es gibt Profilierungssucht und den Druck, sich zu qualifizieren, um sich vor anderen erfolgreich präsentieren zu können. Auch müssen alle Maßnahmen und Anordnungen genau dokumentiert werden, was sehr viel Zeit in Anspruch nimmt.

Die Arbeitsbelastung für alle Ärztinnen und Ärzte ist ungeheuer hoch, wobei die Bezahlung von jungen Ärztinnen/Ärzten im Vergleich zum Ober- und Chefarzt relativ schlecht ist und von vielen als ungerecht empfunden wird.

Wenngleich die naturwissenschaftliche Orientierung der Schulmedizin vielen Menschen sehr wirkungsvoll helfen kann, so hat sie doch auch ihre Schattenseiten: viele Ärztinnen/Ärzte empfinden ihre Arbeit als "Reparatur schadhafter Teile" des menschlichen Körpers. Der Tod einer Patientin/eines Patienten wird von ihnen häufig als persönliche Niederlage gesehen, daher verdrängt oder so weit wie möglich hinausgezögert (z.B. durch sog. lebensverlängernde Maßnahmen).

Unterstützend wirkt dabei die Rollenverteilung zwischen „aktiven“ Heilerinnen/Heilern und „passiven“ Patientinnen/Patienten. Exemplarisch zeigt sich diese asymmetrische Beziehung normalerweise bei der Chefarztvisite. Ungewohnt viele Therapeutinnen und Therapeuten betreten meist hektisch das Zimmer, die Chefärztin/der Chefarzt bleibt im Durchschnitt vier Minuten am Bett der/des zumeist liegenden Patientin/Patienten stehen, unterhält sich davon drei Minuten im für Laien unverständlichen Fachjargon über die Patientin/den Patienten, bevor er dann eine Minute mit ihm/ihr - im wahrsten Sinne des Wortes - von oben herab spricht. (Mayer-Scheu/Kautzky, 65)