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2.1 Theologische Aspekte

Zeiten der Krankheit erleben viele Menschen als „Erfahrungen der Wüste“: Sie spüren Einsamkeit und sehnen sich nach Gemeinschaft; sie fühlen sich matt und ausgebrannt und dürsten nach Hilfe und Zuwendung; sie erfahren durch Todesahnungen ihre Gefährdung und haben zugleich Hoffnung auf Leben.

Der „Gott-mit-uns“

Christen erinnern sich in solchen „Wüstenzeiten“ an die Aussagen der Bibel. Dort begegnet Gott als Schöpfer und Erhalter der Welt und des Menschen, als „Freund des Lebens“, als „Bundes-Gott“, als der Gott der Verheißung: „Ich bin mit euch!“ – Dieser Gott ist freilich nicht verfügbar. Gerade angesichts des Leids und der Leiden der Menschen bleibt er der letztlich Nichtbegreifbare. Fragen nach dem Warum und Wozu bleiben oft ohne Antwort.

Und doch ist Gott aus seinem Geheimnis herausgetreten: er hat sich den Menschen offenbart als der „Ich-bin-für euch-da“ (vgl. Ex 3,14), als „Emmanuel“, als Gott mit uns und für uns.

Er hat sich als der Retter des auserwählten Volkes erwiesen. In der Wüstenwanderung hat er sich als Jahwe zu erkennen gegeben, als der, der Vertrauen verdient, weil er sich auch dann noch als der Begleiter des Menschen zeigt, wenn dieser selbst am Ende ist.

Wie das Bild von der Wüste die Situation des Menschen in schwerer Krankheit umschreibt, so ist der in der Wüste der Krankheit mitgehende Gott, der Ich-Bin-Da, die tröstende Botschaft.

Jesus: Gottes Hoffnungszeichen für die Kranken

Gott sorgt sich um den Menschen, daß er leben kann, hier und jetzt und über den Tod hinaus. Diese Sorge Gottes um den Menschen ist in Jesus Christus sichtbar geworden: in der Art und Weise, wie er sich den kranken Menschen zugewandt hat, wie er mit ihnen gesprochen, wie er ihnen, oft in Zeichen und Wundern, zu neuem Leben verholfen hat. Im Leben Jesu hatte der Umgang mit den Kranken eine zentrale Bedeutung. In den Evangelien sind die Krankenheilungen Zeichen der bereits angebrochenen Gottesherrschaft. Jesus ist der göttliche Arzt: als Heiland und Erlöser. Sein Wort in der Gerichtsrede „Ich war krank, und ihr habt mich besucht“ (Mt 25,36) macht deutlich: Jesus identifiziert sich mit den Kranken; die Zuwendung zu ihnen ist Zuwendung zu ihm. In Jesu Leiden und Sterben aber hat Gott selbst sich den Schwerkranken und Sterbenden zur Seite gestellt. Er hat unser Leben zu seinem Leben, unsere Sorgen zu seinen Sorgen, unsere Fragen zu seinen Fragen, unseren Tod zu seinem Tod gemacht. Jesus war als der leidende Gottesknecht „ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut“. Von ihm heißt es: „Durch seine Wunden sind wir geheilt“ (Jes 52,3-5). Gott verbindet sich also mit den Kranken und Leidenden, damit diese sich in ihrem Leiden in der Kraft des Heiligen Geistes mit dem Leiden Christi verbinden (vgl. Kol 1,24).

Die Auferstehung Jesu aber ist für die Glaubenden zur Hoffnungstat Gottes geworden: Krankheit und Leiden, Sterben und Tod sind Durchgang – vom Dunkel zum Licht, vom Tod zum Leben in der bleibenden Gemeinschaft mit Gott und mit allen bei ihm und mit ihm Vollendeten.

Die Sorge Gottes um den Menschen, um sein Heil, soll sich im Leben der Kirche fortsetzen. Das Wirken der Jünger im Auftrag Jesu „Heilt Kranke!“ (Mt 10,8) sowie der Brauch der ersten Christengemeinden, sich in Gebet, Handauflegung und Salbung durch die Ältesten den Kranken zuzuwenden (vgl. Jak 5,13-15), ist für die gesamte Geschichte der Kirche richtungsweisend geworden. In Kranken- und Krankenhausseelsorge, in kirchlichen Krankenhäusern sowie in Altenheimen oder in den Pfarrgemeinden wird das Engagement der Glaubenden für die Kranken sichtbar.