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Das Selbstverständnis der Krankenhausseelsorge

Krankenhausseelsorge versteht sich grundsätzlich als offenes Angebot der Begegnung und Begleitung an alle Menschen im Krankenhaus. Krankenhausseelsorge ist Kirche, die zu kranken und sterbenden Menschen geht. Ihr Ziel ist es, Kranke und deren Angehörige zu begleiten und sie zu ermutigen, Subjekt der eigenen Kranken- und Glaubensgeschichte zu sein bzw. zu werden.

Es ist zunächst ihre Aufgabe, zu erspüren bzw. mit den Kranken zu klären, ob eine Begegnung erwünscht ist, und in welchem Umfang eine Begleitung erwartet wird. Für die Seelsorgerinnen und Seelsorger erfordert dieser Prozess eine reflektierte Einschätzung der aktuellen Gesprächssituation, die unbeeinflusst von quantitativen Sollvorgaben (z.B. wie viele Stationen in welcher Zeit) gefunden werden sollte. Dabei sind sie auf die freie Entscheidung der Patientinnen und Patienten angewiesen.

In der einzelnen Begegnung hat die Krankenhausseelsorge vor allem darin ihre besondere Chance, "von außen", d.h. nicht eingebunden in die hierarchische Struktur des Krankenhauses, zu kommen. So, wie es der Theologe Andreas Heller treffend beschreibt: "Sie (die Krankenhausseelsorgerinnen und -seelsorger, Anm. d. Verf.) kommen mit leeren Händen, ihrer Gesprächs- und Kommunikationsbereitschaft, ihrer Unsicherheit und Offenheit, mit ihrer eigenen zerbrechlichen Motivation, ihrem Vertrauen auf die Menschen und ihrem Hoffen auf Gott. Sie setzen sich aus und sind darauf angewiesen, gelingende Beziehungen zu anderen knüpfen zu können. Diese ‘schwebende Kommunikation’ ist die Chance der Seelsorge..."(Heller, 1990).

Zu einer befreienden Erfahrung für die Patientinnen und Patienten trägt sie bei, wenn diese durch die Seelsorgerinnen und Seelsorger erfahren,

  • dass sie in ihrer Situation angenommen sind.
  • dass die Seelsorgerin/der Seelsorger bei ihnen bleibt und mit aushält,
  • dass dadurch der Prozess des Trauerns möglich wird,
  • dass sie ihre eigene Lebensgeschichte erzählen und sich so erinnern dürfen,
  • dass sie dadurch ihre eigenen Kräfte erfahren,
  • dass in all dem eine größere, tragende Wirklichkeit, die wir Gott nennen, spürbar wird.

Als Anwalt dieser Subjektwerdung der Kranken, der allzu häufig Strukturen des Systems Krankenhaus entgegenstellen, darf die Krankenhausseelsorge ihre, wenn auch schwierige, prophetische Aufgabe nicht aus dem Blick verlieren, diese Strukturen zu erkennen und an ihrer Veränderung mitzuwirken. Dazu braucht sie die Solidarität der Kirche, die darin besteht, in der gesellschaftlichen Diskussion als Fürsprecherin für ein "humanes Krankenhaus" einzutreten, wobei kirchliche Krankenhäuser Modellcharakter haben sollten.

Die Krankenhausseelsorge bietet gottesdienstliche und sakramentale Vollzüge im Krankenhaus an, z.B. Eucharistiefeiern, Wortgottesdienste, Andachten, Krankenkommunion Krankensalbung, Bußsakrament etc. Wichtig ist ihr dabei, die Sakramente so zu gestalten, dass sie als Verdichtung göttlicher Nähe und menschlicher Begleitung erfahren werden. Dies kann gelingen, wenn die Feier des Sakramentes in eine persönliche Beziehung eingebunden ist. Krankenhausseelsorge ist Kirche, die auch zu den Menschen geht, deren Arbeitsplatz das Krankenhaus ist. Dabei sieht sie diese nicht vordergründig von ihrer Funktion her, sondern versucht, sie als Person ernst zu nehmen. Auch ihnen gilt das offene Angebot der Begleitung.