In unserem Land genießen die Krankenhäuser, ihre Träger und ihre Mitarbeiter, Frauen wie Männer, hohes Vertrauen bei der Bevölkerung. Von einem „guten Krankenhaus“ wird dann gesprochen, wenn dort über die medizinisch-technische Qualität hinaus Patienten und Angehörige sich angenommen und ernstgenommen erleben.
Viele Patienten fühlen sich „wohl“ im Krankenhaus: sie verlassen sich auf die dort schnell erreichbare, qualifizierte Hilfe; sie erleben sich umsorgt und „gut aufgehoben“. Andere kommen mit „gemischten Gefühlen“ in ein Krankenhaus: mit der Hoffnung auf medizinisch-therapeutische Hilfe, die angesichts der Fortschritte im Gesundheitswesen berechtigt, zuweilen auch von Übererwartungen geprägt ist; mit Ängsten vor Diagnosen und nötigen Eingriffen; mit Sorgen im Blick auf eine ungewisse Zukunft, vor allem bei schwerer oder unheilbarer Erkrankung.
Der Aufenthalt im Krankenhaus verändert die Lebenssituation des Patienten für längere oder kürzere Zeit. Der Kranke wird herausgerissen aus den gewohnten Lebensbeziehungen. Er kommt in eine fremde Umgebung, die ihn unsicher macht. Je nach Art und Schwere der Erkrankung sind wesentliche Bereiche der Persönlichkeit durch Vorgaben eingeschränkt: z. B. durch die Organisation des Hauses, durch Mitpatienten im Zimmer, durch die angeordnete Bettruhe und die Notwendigkeit, daß sich ein Patient ständig zur Verfügung halten muß.
So kommt es zu diesen Empfindungen:
- der Kranke fühlt sich abhängig und unselbständig;
- er erlebt, daß ein „folgsamer und unkomplizierter“ Patient eher akzeptiert wird;
- er erfährt sich in seiner Intimsphäre eingeschränkt: wenn z. B. jemand ohne anzuklopfen in sein Zimmer tritt oder wenn er sich von fremden Menschen waschen lassen muß;
- er erlebt Ungewißheit bei Untersuchungen und Unsicherheiten in der Zeit vor der Klärung der Diagnose; – er merkt, daß die Eröffnung der Diagnose und der notwendigen therapeutischen Maßnahmen („Wahrheit am Krankenbett“) manchmal im Medizinisch-Technischen erbleibt und nicht immer genügend gestützt ist durch Einfühlung und Begleitung;
- er erfährt sich zuweilen als Objekt medizinischer Behandlung.
Diese Situation im Krankenhaus kann bei den Patienten zu unterschiedlichen Reaktionen führen, vor allem bei langen Krankenhausaufenthalten. Die einen ergeben sich in ihr Schicksal: sie fühlen sich hilflos, ohnmächtig und zuwendungsbedürftig. Sie überlassen sich einfach vertrauensvoll der Versorgung durch Ärzte und Pflegende. Andere erleben das Ausgeliefertsein und die Abhängigkeit in schwerer Krankheit als Bedrohung.
Schließlich gibt es Patienten, die vom Personal als immer nur Fordernde erlebt werden, da sie keinen Aufschub ihrer Wünsche ertragen und rasch in Aggressionen verfallen.
Vor allem längere Aufenthalte im Krankenhaus oder auf einer Intensivstation führen zu solchen Reaktionen.